Freihandelsabkommen zwischen EU und USA ganz oben auf der Themenliste.

Demo für Agrarwende: Vorbereitungen laufen auf Hochtouren

Pressekonferenz (Foto: V. Gehrmann)Pressekonferenz (Foto: V. Gehrmann)

Am kommenden Samstag werden in Berlin wieder zahlreiche Menschen für eine andere Agrarpolitik demonstrieren. Die Veranstalter rechnen mit 20.000 Teilnehmern, die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Über 100 Organisationen unterstützen die Forderung nach einer Agrarwende, heute stellten einige ihre Anliegen vor. Neben Tierwohl und Gentechnik steht dabei das geplante Freihandelsabkommen zwischen EU und USA ganz oben auf der Themenliste.
So warnte Shefali Sharma eindringlich vor einer Absenkung von Verbraucherschutzstandards im Tausch gegen Handelszugeständnisse. Die US-Amerikanerin arbeitet für das Institute for Agriculture and Trade Policy (IATP) mit Sitz in Minneapolis. Es gehe für Washington vor allem um das amerikanische Modell der Fleischproduktion – ein gescheitertes Modell, das nun nach Europa exportiert werden solle. Deshalb dränge die US-Industrie auf Deregulierung: die Europäer sollen gentechnisch veränderte Organismen schneller zulassen, chemisch behandeltes Fleisch und Wachstumshormone akzeptieren. Auch Jürgen Maier vom Forum Umwelt und Entwicklung betonte, der Agrarsektor sei für die USA der wichtigste Posten beim Freihandel. Die Beteuerungen aus Berlin und Brüssel, der Verbraucherschutz werde nicht geschwächt, sei daher unglaubwürdig – denn nur hier, mit Zugeständnissen bei der Lebensmittelherstellung, habe Europa den USA etwas anzubieten. Mit einer generellen Anerkennung der amerikanischen Standards, wie sie womöglich geplant sei, würden strengere EU-Gesetze jedoch ausgehebelt, so Maier.
Sharma verdeutlichte eines der Folgeprobleme der industriellen Fleischproduktion. In ihrem Land habe der verbreitete Medikamenteneinsatz in den Ställen zu vielen Tausend Toten geführt – weil Krankheitserreger gegen Antibiotika resistent wurden und Ärzte oft kein Mittel mehr finden, das noch wirkt. Das sei mittlerweile auch in der EU ein drängendes Problem, erinnerte Reinhild Benning vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Mehr als 20.000 Menschen jährlich stürben offiziellen Zahlen zufolge an resistenten Krankheitserregern, so die Agrarexpertin.
Die Auswirkungen der Fehlanreize im Landwirtschaftssystem zeigen sich aber nicht nur vor der Haustür. Das für die Tiere nötige Futter stammt von den Gentechnik-Soja-Plantagen Südamerikas – dort fehlten wiederum Flächen für Nahrungsmittel, sagte Barbara Wiegard vom kirchlichen Hilfswerk Misereor, das die Demonstration ebenfalls unterstützt. Das Argument, mit der Industrialisierung der Agrarproduktion könne der Hunger bekämpft werden, wies Wiegard zurück. Hier würden Hungernde als Begründung „missbraucht“.
Jochen Fritz, einer der Organisatoren der Demonstration, freute sich schon auf Samstag. Es hätten sich bereits über 50 Bauern mit Traktor für den Zug vom Potsdamer Platz zum Kanzleramt angemeldet. Aus dem ganzen Land kämen 50 bis 60 Busse voller Teilnehmer. Ein breites gesellschaftliches Bündnis kommt da laut Fritz nach Berlin. „Ich glaube, es ist ein Novum, dass Veganer zusammen mit Milchbauern für eine andere Agrarpolitik kämpfen“, so der Vertreter des Bündnisses „Meine Landwirtschaft“. Eine andere Art der Landwirtschaft sei machbar: „Wir sind überzeugt, dass diese von Menschen gemachten Gesetze auch von Menschen verändert werden können.“